26.05.2024 – 17.06.2024
Hey zusammen,
willkommen zu einem neuen Blogeintrag, welcher der letzte aus Wisconsin sein wird. Denn dann steht der Reisemonat vor der Tür, bei dem ich gemeinsam mit 2 weiteren PPPler*innen die USA bereisen werde. Eine aufregende Zeit!! Aber wie erging es mir in meinem letzten Monat in Wisconsin? War ich wirklich so unglücklich, wie ich zunächst vermutet hatte?
Nach 4 relativ unspektakulären Tagen, die ich mit Arbeit und Serienmarathon verbrachte, ging es Sonntag überraschend Berg auf. Spontan fuhr ich mit der noch im Dorm verbliebenden Freundin und einem Bekannten nach Wisconsin Dells!! Wir unternahmen eine Boots-Tour und liefen durch Witchers Gluch, eine Schlitz-Schlucht, die ich schon seit längerem mal besuchen wollte. Das Wetter hätte besser nicht sein können. Im Anschluss liefen wir noch durch Downtown, ein kleiner touristischer, aber sehr charmanter Ort. Wir führten schöne Gespräche und ich fühlte mich so wohl, dass ich die Einsamkeit für einen kurzen Moment vergas.


Montag war Memorial Day, viele Menschen gehen campen oder veranstalten ein BBQ bei sich zu Hause. Dementsprechend viele Vorbestellungen gab es im Cookie-Store, in dem ich eine 9 Stunden Schicht hatte. Zurück im Dorm begrüßte mich wieder die Stille und so fing ich an, mich nach Studienplätzen umzuschauen. Die Anmeldefrist für das Wintersemester hatte gerade begonnen und somit war ich gut beschäftigt. Am Freitag ging es nach der Arbeit mit zu einer Arbeitskollegin nach Hause. Sie färbte mir einen Teil meiner Haare pink!! Wir schauten uns noch einen Film an und unternahmen dann noch einen Spaziergang durch den Park, bis sie mich wieder nach Hause brachte. Abends ging es dann auf ein Käsefestival in der Nähe. Da Wisconsin der Käse-Staat ist erwartete ich dementsprechend einfach viel Käse. Aber nein, es war ein riesiger Jahrmarkt mit Fahrzeuggeschäften, Essensbuden und viel Musik. Es war fantastisch. Wir fuhren mehrere Male mit einem Fahrgeschäft, welches nur $1 kostete. Funnelcake, frittierter Teig mit Puderzucker, ist ein amerikanisches Gericht, welches oft auf Jahrmärkten und Freizeitparks verkauft wird. Das konnten wir uns nicht entgehen lassen. Mit Eiscreme als Dessert ging es zur Bühne, wo die Band eine gigantische Show hinlegte.


Da das Wochenende unter dem Motto „Festival“ stand, ging es Samstag nach der Arbeit nach Green Bay, gemeinsam mit der PPPler*in, die ebenfalls in Wisconsin platziert war. Dort wurde die Sommersaison mit einem kostenlosen Konzert und vielen Essensständen eingeleitet. Typisch Deutsch mussten wir uns erstmal eine Brezel gönnen. Die leicht abgewandelte, amerikanische Art: Mit Cheddar-Käse zum Dippen. Und dann kam Bebe Rexha, eine berühmte amerikanische Sängerin, auf die Bühne. Der vordere Teil der Bühne war so voll mit Fans, das wir uns entspannt in eine der hinteren Reihen stellten. Auch von dort hatten wir eine gute Sicht auf die hervorragende Bühnen-Performance. Bebe Rexha in den USA und dann auch noch kostenlos zu sehen, stand zwar nicht auf meiner Bucket-List aber missen möchte ich es auf keinen Fall. Der Abend sollte noch nicht enden und so standen wir wenig später wieder auf dem Cheese-Festival, welches für das ganze Wochenende in der Stadt war. Die Country-Musik war mal wieder unschlagbar gut. Aber auch die kommende Woche sollte weiterhin spannend bleiben.



Sonntag morgens um 10 klingelte der Wecker. Der nächste Ausflug stand in den Startlöchern und gemeinsam mit der anderen PPPlerin war ich auf dem Weg nach Minneapolis, Minnesota. Dort würden wir auf 3 weitere PPPler treffen. Wir checkten im Hotel ein und abends ging es auf das Konzert eines Sängers, dessen Namen ich jetzt googeln müsste. Das einzige (und wahrscheinlich auch bekannteste) Lied was ich kannte, war „Teenage Dirtbag“. Es war eine spontane Aktion, aber ein gelungener Abend. Am nächsten Morgen ging es noch zur Mall of America. Mit 455.000 m² und einer eigenen Postleitzahl ist es das größte Einkaufszentrum in den USA und inkludiert sogar einen eigenen Freizeitpark. Es war einfach gigantisch. Ich fuhr mit einer Achterbahn, die uns durch die gesammte Freizeitpark „Halle“ führte. Zur hauseigenen Polizeistation schafften wir es zwar nicht mehr, dafür aber zu „Great American Cookies“. Da es sich um ein Franchise-Unternehmen handelt, gibt es den Laden in verschiedenen Städten überall in den USA verteilt. So probierte ich auch hier die Auswahl, aber nichts kommt an die Wisconsin Qualität ran 🙂 Am späten Nachmittag machten wir uns bei 4.5 Stunden auf den Weg zurück nach Wisconsin.



Dienstag war mein freier Tag und so verabredete ich mich mit einer Freundin. Wir fuhren nach Devils Lake, ein Park direkt am See mit vielen Freizeitmöglichkeiten. Ein kleiner Strand, Wanderwege zum Berg und Camping. Wir entschieden uns zunächst ein Kanu zu mieten und genossen die schöne grüne Aussicht. Nach einem kurzen Abstecher im Touri-Shop, wo wir uns beide einen Magneten als Andenken kauften, wollten wir hoch zur Aussichtsplattform laufen. Es gab zwei Wege und wir nahmen natürlich aus Versehen den falschen. Der Weg, welcher uns steil und ohne Wegbeschreibung ins Innere führte. Das merkten wir eine halbe Stunde später als wir uns verlaufen hatten. Wir suchten den Ausgang, aber liefen nur noch weiter in den Wald. Wir hatten natürlich nur ein Handy dabei und im Wald sowie so kein Netz. Ich erinnerte mich an Geschichten, die mir mein Chef erzählt hatte und wurde langsam unruhig. Als es dann dunkel wurde und ich in der Ferne ein Gewitter hörte, wurde aus Unruhe langsam Panik. Ich suchte zwischen den Baumkronen nach lichten Stellen und wir liefen in die Richtung. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir wieder auf dem Gehweg an und konnten es kaum glauben. Wir schauten auf das Handy. 1 ½ Stunden waren wir im Wald gewesen. Pure Erleichterung und Freude war auf unsere Gesichter geschrieben. Die Laune auf die Aussichtsplattform war uns vergangen und so stoppten wir auf dem Rückweg nur noch bei einem kleinen Aussichtspunkt. Dann ging es direkt zurück zum Auto und wir hielten auf dem Rückweg bei Chili’s, einem American diner, an. Ein turbulenter Tag ging zu Ende.


Am Freitag ging es arbeiten und ich traf mich im Nachhinein mit einer Amerikanerin am College, welches sich meinen CBYX-Vortrag angehört hatte und interessiert war. Wir tauschten uns bei einem Spaziergang aus. Es war ein schöner, warmer Tag und alles war so schön grün. Langsam erinnerte mich Wisconsin an die Zeit letztes Jahr im August, als ich hier ankam. Im Anschluss machte ich es mir mit einem Film auf dem Sofa gemütlich. Denn im Laufe dieser Woche waren alle meine Mitbewohner ausgezogen, bis auf ein Mädchen. Da diese aber die meiste Zeit bei ihren Eltern verbrachte hatte ich das Dorm ganz für mich allein. Auch das Sofa und die kahle Einrichtung im Wohnzimmer versetzten mich zurück in August 2023, als ich ein 4,5 Zimmer Apartment 10 Tage für mich hatte, bevor der Rest eingezog. Kein dreckiges Geschirr, welches man schon vom Sofa aus erblickt, keine Schuhe und Jacken auf dem Sofa und einfach in Ruhe den Abend ausklingen lassen. Ein seltsames seltenes, aber schönes Gefühl.
Six Flags, ein großer Freizeitpark bei Chicago, stand am Samstag als Tagesausflug auf dem Program. Gemeinsam mit meiner Freundin aus dem Dorm und einer amerikanischen Freundin fuhren wir in den 3 Stunden entfernten Park. Ganz normale Entfernungen für einen Trip in den USA. Da das Wetter mehr an Hamburg erinnerte und es zwischendurch stark regnete, war es glücklicherweise nicht allzu voll. Wir fuhren mit einigen wilden Achterbahnen, aßen überteuerte Crepes und genossen bei dem letzten Fahrgeschäft einen Ausblick über den gesamten Park inklusive Chicago-Skyline. Auf dem Rückweg gab es noch deep dish Pizza, welche mich mehr an Pizza mit 20-fachen Boden erinnerte, aber lecker war sie allemal. Der Tag ging zu Ende. Langsam schmerzte es nicht mehr so sehr, über meine Freunde, die nicht mehr hier waren, nachzudenken. Den Flur ging ich zwar noch immer nicht entlang, aber es war schonmal ein Schritt in die richtige Richtung. Das wird schon.



Am Sonntag wurde der sonnige Tag am Lake Geneva mit 2 PPPlerinnen aus der Nähe verbracht. Wir schlenderten durch die Gassen und hielten in einem Geschäft an, welches wir anschließend 1 Stunde später mit personalisiertem Schmuck verließen. Dann wollten wir eigentlich am Strand schwimmen gehen, doch als wir aufgefordert wurden, $10 Eintritt zu zahlen setzten wir uns kopfschüttelnd hinter den Zaun, der den Strand vom Stadtkern abgrenzen sollte. Etwas seltsam, aber wir ließen uns die Laune nicht verderben. Wir genossen die späte Mittagssonne und machten uns wieder auf dem Weg zurück, denn am nächsten Morgen stand mir eine 9-Stunden Schicht bevor.


Nach der Arbeit ruhte ich mich kurz aus und fing an mein Zimmer leerzuräumen. Am Freitag würden wir die großen Koffer zum Versandkurier, welcher diese nach Washington D.C. brachte. Den Rest mussten wir zur Spendenhalle bringen. Ich hatte also knapp 6 Tage dieses Chaos zu beseitigen, während ich nebenbei noch 20 Stunden arbeitete. Aber immer positiv bleiben, das wird schon. Woher kam das ganze Zeug her? Ich war erstaunt, wie viel in mein 6m² Zimmer doch passte. Vieles davon holte ich von unter meinem Bett hervor, dessen Teil ich als Lagerfläche nutze, während das Bett 1,2 Meter höher gesetzt wurde. Mein Zimmer sah nach wenigen Stunden eigentlich noch schlimmer aus als zuvor, aber ich fiel erschöpft auf mein Bett. Es gab keine Chance, dass ich Wisconsin mit nur einem Koffer verlassen würde.
Auch Dienstag und Mittwoch nutzte ich jede freie Minute, um mein Zimmer leerzuräumen. Und irgendwann war ich einfach nur noch verzweifelt. Wie hatte ich die ganzen Sachen denn hier herbekommen? Denn eins stand klar, viel gekauft hatte ich nicht. Aber schon allein der College-Merch würde einiges an Platz im Koffer einnehmen. Die Sachen hier zu lassen, stand aber gar nicht zur Debatte. Ich bekam Hilfe von einer Freundin aus dem Dorm und händigte ihr die fast 20 Tüten, welche voll mit Deko, Kleidung, unbenutzten Hygiene-Artikeln und Essen waren. Während sie strahlte hätte ich am liebsten losgeheult. Das alles hier zu lassen, machte mich so unfassbar traurig. Aber ich hatte sowieso schon mit Übergepäck zu kämpfen.

Als kleine Ablenkung hatten wir eigentlich geplant auf einen Night-Market im Nachbarsort zu gehen, da die andere PPPlerin aber kurzerhand ihr Auto verkaufen konnte wurde daraus nichts und wir trafen uns beim Supermarkt, um Zutaten für einen Abschiedskuchen zu kaufen. Da mein Fahrrad sich dazu entschied, einen Platten zu haben, legte ich einen 20-minütigen Spaziergang hin. Zurück im Studentenwohnheim backten wir den Kuchen, denn der morgige Tag würde der letzte Arbeitstag von uns beiden sein. Am späten Abend entschied ich mich nach einigem Hin und Her dazu meinen eigentlichen Plan, ein Paket nach Hause zu schicken, zu verwerfen, und einen 2. Koffer zu kaufen. Doch zunächst stand noch mein letzter Arbeitstag im Cookie-Store an. Es war einiges los, da am Sonntag Vatertag in den USA war. Ich dekorierte Cookies in der Mitte der Mall vor dem Laden. Das war bei solch großen Feiertagen Tradition und mittlerweile ging ich sehr selbstbewusst mit den Blicken (oder fast schon Starren) anderer um. Dann fragte ich meinen Chef noch, ob ich nicht früher gehen könnte. Ich war so unglaublich gestresst und allein der Gedanke daran, was ich in den nächsten Stunden noch schaffen musste, gab mir den Rest. Ich verabschiedete mich bei meinen Kolleg*innen und meinem Chef. Kaum zu glauben, dass es jetzt wirklich vorbei war. Aber die Trauerstunden mussten nach hinten geschoben werden. Ich lief mit leerem Kuchenteller über die große Kreuzung zum Secondhand Geschäft. Keine 10 Minuten später brachte mich ein Uber mit einem Secondhand-Koffer zurück zum Dorm. Ich packte den Koffer in Windeseile und wurde kurze Zeit später zur Kofferabgabe abgeholt. Mein Zimmer war nun so gut wie leer. Ich war so erschöpft vom ganzen Auszugsstress, dass ich Feiern gehen gegen Schlaf eintauschte. Denn den brauchte ich nun wirklich.


Am Samstag wurde ich früh morgens von meinem Social Host abgeholt und wir gingen zu dem Ort, an dem eines unserer ersten Treffen letztes Jahr stattgefunden hatte. Ein Café mitten im Grünen, direkt am Fluss. Ich hatte einen Blumenstrauß und einen Brief dabei und genoss es sehr, sie nochmal zu sehen. Im Anschluss schauten wir noch bei einem Schwimmwettbewerb vorbei und trafen dann den Rest der Familie auf dem Markt in Downtown, wo wir gemeinsam einen Smoothie trinken gingen. Ich dachte daran, wie schön der Sommer doch in Wisconsin sei und wie traurig ich war, diesen nicht noch einmal erleben zu können. Aber gut, wie sagt man so schön? Wir sind nicht traurig das es vorbei ist, sondern glücklich es erlebt zu haben. Ich verabschiedete mich von meinem Social host. Ich werde sie wirklich sehr vermissen und hoffe, dass sie mich vielleicht mal in Deutschland besuchen wird.
Am Abend gingen wir noch ein letztes Mal in unserer Lieblingsbar feiern und rundeten die Nacht mit Tacos vom Imbiss-Wagen ab. Die andere PPPlerin brach schon wenige Stunden später zu ihrem Reisemonat auf, bevor wir uns in 1 Woche später in New Orleans treffen würden, um gemeinsam weiterzureisen. Tschüss Downtown, Tschüss Bar. Es war uns eine Ehre!!


Am Sonntag sortierte ich die restlichen Sachen aus, welche meine College-Koordinatorin am Montag mitnahm und ich mich ein letztes Mal von ihr verabschiedete. Meine Freundin im Dorm half mir die restlichen Tüten ins Auto zu tragen, welches danach direkt zur Spendenhalle fuhr. Wir gingen zusammen im Café frühstücken und liefen ein letztes Mal zurück zum College, wo ich versuchte jeden Moment diesen Jahres in meinem Langzeitgedächtnis zu speichern. Denn dieses Mal war ich dran und es fühlte sich komisch an, eine meiner Freunde zurückzulassen. Doch die Gewissheit, dass in weniger als 2 Monaten schon wieder neue internationals auf sie warteten, beruhigte mich ein wenig. Und dann hieß es Abschied nehmen. Ich weinte nicht und auch am Flughafen fühlte es sich nicht so an, als würde ich gerade mein Auslandsjahr abschließen. Ich glaube ich hatte innerlich schon ein wenig damit abgeschlossen, seit ich den Großteil meiner Freunde vor gut einem Monat verabschieden musste und nun keine Tränen mehr übrig waren. Jetzt stand noch die aufregendste Zeit bevor: Der Reisemonat!


Tschüss Wisconsin. Du warst nicht Liebe auf den ersten Blick, aber ich werde dich vermissen. Danke für die letzten 10 Monate, die du mich hast wachsen lassen. Freunde, die zu Familie wurden und ein Ort, der sich ein bisschen wie zu Hause angefühlt hat. Wir sehen uns wieder, denn: It’s not a goodbye, it’s a see ya later.
Danke, dass du bis hierher gelesen hast. Lies gerne auch den 1. Teil meines Reisemonats „Cowboys in Nashville, Tanzunterricht in Texas und Haialarm in Florida“.
XOXO,
TJ