Semesterstart, der Superbowl und Valentinstag


15.01.2024 – 18.02.2024

Januar und Februar – In Wisconsin bekannt als „Hibernate-Months“ (Winterschlaf Monate). Aufstehen, Arbeiten, Schlafen. Die Menschen hier überwintern. Sie haben irgendwann eine Routine, jeder Tag gleicht dem nächsten. Das wurde mir letzten Sommer, als ich hier ankam, direkt mitgeteilt. Wenn es nach mir gehen würde, könnte man den gesamten Winter-Part überspringen. Aber gut, hier war ich nun. Wir haben mittlerweile Mitte Februar. Und wie ist die aktuelle Gemütslage? Starten wir mal erstmal mit einem Rückblick der letzten Wochen.

Wie schon im letzten Beitrag berichtet, habe ich Mitte Januar meinen ersten Schneesturm erlebt. Nachdem ich es den einen Tag noch zur Arbeit geschafft hatte, ging die nächsten Tage gar nichts mehr. Das College hatte geschlossen und uns wurde empfohlen das Wohnheim nicht mehr zu verlassen. Lüften war auch nicht möglich, da die Fenster in wenigen Sekunden eingefroren wären. Als Alternative zum Lüften wurde dann einfach die Klimaanlage eingeschaltet. Gewöhnen werde ich mich daran bestimmt nicht. Kurz traute ich mich für etwas frische Luft vor die Tür. Das Atmen viel schwer, der Wind peitschte mir ins Gesicht und so begab ich mich schnell wieder ins Warme. Die nächsten Tage verbrachte ich mit einem Film-Marathon. Ich druckte mir einige Bilder aus und dekorierte mein Zimmer neu. Die Weihnachtsdeko kam ab und wurde von einer großen Fotowand mit vielen Erinnerungen aus Deutschland ersetzt. Es war zwar nur eine kleine Veränderung, aber ich fühlte mich direkt wohler. Mit meiner Lichterkette, den Fotos an der Wand und einer großen Tasse Tee genoss ich die nächsten Tage einfach mal gar nichts zu tun. Die vergangenen 2 Wochen taten meinem Gemüt auf jeden Fall gut und ich war so glücklich, dass mir selbst der Schneesturm nichts anhaben konnte. 

Nach dem Wochenende kamen auch meine Freunde wieder im Studentenwohnheim an. Sie waren ebenfalls auf einem Zwischenseminar gewesen und ich war dann doch froh, wieder meine Leute um mich zu haben. Und dann ging das zweite Semester los. Dieses Semester entschied ich mich wieder für den American English Language and Culture Kurs, nachdem ich nicht in meinen eigentlich präferierten Kurs Content Creation reingekommen war. Zunächst frustriert, bin ich mittlerweile sehr zufrieden. Ich freue mich jede Woche aufs Neue, wenn der Unterricht beginnt. Unser Lehrer ist einer der sympathischsten Lehrer, den ich je hatte. Das er bereits im letzten Semester den Kurs geleitet und viele der internationals auch wieder den Kurs gewählt hatten, war umso besser. Ich liebe es, wie wir in dem Unterricht durch unsere verschiedenen kulturellen Hintergründe voneinander lernen. Auch mit unserem Lehrer diskutiere ich oft und dass, obwohl ich sonst eher nicht so diskutierfreudig bin. Von außen mag es oftmals wie ein Kaffeeklatsch aussehen, aber das ist es nicht. So viel wie ich in diesen paar Stunden jede Woche über die amerikanische Kultur und kulturelle Unterschiedene im Allgemeinen lerne, ist erstaunlich. Ich wünschte, ich könnte diesen Kurs auch in Deutschland belegen. Zusätzlich habe ich donnerstags noch den Kurs Psychology of Human Relations. In dem Kurs geht es vor allem um zwischenmenschliche Interaktionen und wie man diese durch gutes Stressmanagement, effektiver Konfliktlösung und einem gestärkten Selbstwertgefühl positiv beeinflussen kann. 

Einmal die Woche gehe ich mit einem Mitstudenten immer in einem Museum Freiwilligenarbeit leisten. Wir helfen bei der Ticketkontrolle und ich demnächst noch bei der Content Produktion für Instagram. Abends finden teilweise Events statt, bei denen wir als Kellner und Kellnerin aushelfen. Es ist super entspannt und ich finde es schön, dass wir zusammen dort arbeiten können. Im Anschluss treffe ich mich oftmals mit einer Freundin im Fitnessstudio. Manchmal gehen wir zum Abschluss des Tages dann noch in ein Musik-Geschäft, dessen Betreiber uns erlaubt haben, dort Klavier zu spielen und auch Notenblätter auszuprobieren. Da ist sie wieder – die amerikanische Großzügigkeit. Ich genieße es sehr, mal wieder am Klavier sitzen zu können.

Die ersten Wochen des Jahres bestanden teilweise fast nur aus Routinen. Wenn jeder Tag gleich aussieht und man schon am Abend zuvor weiß, wie der nächste Tag aussehen wird. Und die Zeit, welche man sinnvoll nutzen könnte, wird dann auf den Handy Bildschirm geschaut. Daher gehörte ,wie fast jeden Februar, auch dieses Jahr ein kurzer social media detox dazu. Weg von Instagram und die kostbare Zeit sinnvoll nutzen. Denn vor allem im Winter ertappe ich mich oftmals dabei, meine Zeit in den sozialen Medien zu verschwenden. Gehört für mich definitiv nicht zu den besten Zeiten. Mal wieder ein Buch lesen, den Malpinsel schwingen und mehr Spaziergänge unternehmen – das sind Dinge, die ich mir für die nächste Zeit wieder aktiv vorgenommen habe. Nachdem ich seit Oktober fast durchgehend unterwegs war, war es für mich eine große Umstellung im Januar, erstmal hier zu verweilen und, so wie es typisch in Wisconsin ist, zu „Überwintern“. Am Wochenende wurde also gearbeitet und abends war ich so erschöpft, dass ich teils gar keine Motivation hatte, großartig etwas zu unternehmen. Normalerweise liebe ich es, meine Wochenenden durchgeplant zu haben, an den Abenden mit Freund*innen unterwegs zu sein und jede Gelegenheit zu nutzen, um neues zu entdecken. Das ist momentan nun mal anders. Das Semester hat gerade erst begonnen, draußen ist es kalt und auch sonst gibt es nicht wirklich viel zu unternehmen. Und dann fängt man an, Dinge aus Deutschland zu vermissen. Aber alles hat auch irgendwo seine guten Seiten. Es zeigt, was mir persönlich wichtig ist und wofür ich in meinem Leben dankbar sein kann. Jetzt ist es nun mal anders und diese Erfahrung sammeln zu dürfen, ist für mich sehr wertvoll.

Aber was hilft denn nun in so einer doch eher tristen und langweiligen Zeit? Richtig, die nächste Reise planen. Nach einigem Hin und Her steht der nächste Trip nun endlich in den Startlöchern: Palmen, Strand und warmes Wetter – 5 Tage Puerto Rico!! Ich freue mich schon sehr auf die Zeit und werde versuchen so viel Sonne wie nur möglich zu tanken. Die Reise hätte zeitlich nicht besser passen können. Etwas auf das ich wieder Hinfiebern kann und mir den Winter bis dahin etwas erleichtert. Auch an einigen Wochenenden der kommenden Monate habe ich geplant, Tagestrips in die Natur Wisconsins und die umliegenden Staaten zu unternehmen. Wie sich das dann mit der Arbeit koordinieren lässt, ist nochmal eine andere Sache. 

Nun aber mal zu den Highlights der letzten Zeit!! Ein sehr schönes Ritual hier  – Filmabende. Da meine Freunde und ich alle zusammen im Studentenwohnheim leben, ist der Fußweg zur nächsten Zimmertür nicht wirklich weit. Ich weiß nicht, wie viele Filme wir in den vergangenen Wochen geschaut haben, aber es waren eine Menge. Mit teilweise 10 Leuten gestalteten wir das Wohnzimmer abends in eine Art Kinosaal um und machten es uns gemütlich. Man glaubt es kaum, aber ich habe mich auch an Filme aus den 90ern herangetraut. Für mich ist grundsätzlich alles von vor 2010 alt und nicht sehenswert. Aber vielleicht werde ich so langsam vom Gegenteil überzeugt. Aber auch nur vielleicht.

Nachdem ich das letzte Mal in Minnesota Schlittschuhlaufen war und komplett versagt hatte, begab ich mich mit einigen Freunden wieder aufs Eis – und plötzlich konnte ich es! Für einige meiner Freunde war es das erste Mal in Schlittschuhen – und sie meisterten es alle mit Bravour. Es war ein schöner Nachmittag und zur Krönung gingen wir im Anschluss noch in einem Burger Lokal essen. Dann war ich noch das erste Mal feiern hier in Wisconsin! Wir waren in einer Latino-Bar und da Mocktails nicht auf der Getränkekarte standen, musste Ananassaft herhalten. Im Vergleich gefällt mir Feiern gehen in Deutschland dann doch um einiges besser. Während in Deutschland die Abende teilweise erst um 2 Uhr nachts so richtig losgehen, schließen die Bars hier um diese Zeit schon. Dann holten wir uns noch Tacos für den nächtlichen Hunger und warteten 20 min in der Kälte auf eine Bestellung, die versehentlich nicht aufgerufen wurde. Naja, kalt schmeckten die Tacos eigentlich auch ganz gut. Die Erfolgsquote ging dann in der nächsten Woche beim Bowlen weiter. Ich, die normalerweise immer den letzten Platz belegt, war plötzlich Spitzenreiterin. Zwar nur in der ersten Runde, aber immerhin.

Und dann war da noch der Superbowl – eines der größten Sport-Ereignisse des Jahres in den USA. Um 17:30 Uhr fanden wir uns alle bei einem Freund im Wohnzimmer zusammen. Es spielten die 49er (San Francisco) gegen die Chiefs (Kansas). Normalerweise interessiert mich jegliche Art von Ballsport, außer die Fußball-WM, nicht wirklich. Aber Superbowl war da dann wohl eine weitere Ausnahme. Es lag vielleicht auch daran das Taylor Swift (Ja, ich bin ein seeehr großer Fan) live vor Ort war und ihren Freund, Travis Kelce, Spieler bei den Chiefs, anfeuerte. Somit war schon mal klar, für welche Seite ich mitfieberte. Zum Ende hin hatte ich die Regeln dann auch so ein wenig begriffen und es wurde richtig spannend. In der letzten Minute gewannen die Chiefs knapp das Spiel und wurden zum 3. Mal in der Geschichte Superbowl-Sieger. Es war ein schöner Abend.

Und dann war da noch der Valentinstag. Im College konnten wir Plüsch-Herzen basteln. Am Abend traf ich mich mit 3 weiteren internationals für eine kleine Pyjama-Party und wir schauten den wahrscheinlich kitschigsten Film, den es gibt. Während in Deutschland meines Erachtens, diesem Tag nicht wirklich große Aufmerksamkeit geschenkt wird, schaut dies in den USA mal wieder anders aus. Die Supermärkte sind übersäht von Valentinstag-Specials, Kleidungsläden haben Valentinstag-Merch und noch ein Laden profitierte sehr: der Cookie-Store!

Ich habe die Cookies anlässlich der Valentine‘s-Week dekorieren dürfen. Dazu war ich in den letzten Wochen viel mit cake rolling beschäftigt. Das heißt, der Cookie-Teig wird in Herz-Formen ausgerollt und anschließend für bevorstehende Bestellungen kaltgestellt. Wir stellten in der Mitte des Geschäfts die großen Cookies auf und bekamen von unserem Chef alle kostenlos einen Coffee unserer Wahl, welcher uns definitiv in den stressigen Zeiten zugutekam. Auch für das leibliche Wohl wurde gesorgt, als unser Chef uns seinen Go-to College Snack aus seiner Studentenzeit zubereitete. Tacos mit Tomatensauce und Mozzarella, gebacken im Ofen. Simple, aber erstaunlicherweise echt gut! 

Dann durfte ich meine erste große Cookie-Bestellung verzieren. Die Arbeit macht wie immer Spaß. Letzte Woche Montag ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Wir haben uns viel über extrovertierte und introvertierte Menschen unterhalten und wie schwer ist mir hier teilweise noch immer fällt, auf Leute zuzugehen und proaktiv ein Gespräch anzufangen. Vor allem bei vielen Amerikaner*innen, die generell sehr offen, laut und direkt sind finde ich es teilweise sehr schwierig den Gesprächen beizusteuern. Wir haben über die Unterschiede im Bildungssystem USA vs. Deutschland, gesellschaftliche Erwartungen und unsere Ziele für die Zukunft gesprochen. Ich erinnere mich, wie ungewohnt es am Anfang noch war, auf der Arbeit so viel  über Privates zu sprechen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und freue mich immer auf unsere Unterhaltungen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie sehr meine Kolleg*innen doch an Deutschland und meiner Meinung zu vielen Dingen interessiert sind.

Der Februar naht sich dem Ende zu und die Tage bis zum nächsten Trip sind gezählt. Den Januar und Februar habe ich rückblickend eigentlich ganz gut gemeistert und hoffe, anders als es mir viele hier eintrichtern wollen, dass der starke Winter in Wisconsin dieses Jahr einfach ausbleibt. Schauen wir mal, was noch so kommt.

Das war es auch schon mit diesem Beitrag. Danke, dass Du bis hierhin gelesen hast und bis zum nächsten Lebensupdate!!

XOXO,

TJ