Roadtrips, Thanksgiving und gemischte Gefühle


09.11.2023 – 26.11.2023

Nach dem Madison-Trip standen am Mittwoch üblicherweise Hausaufgaben an. Am Abend packte ich dann meinen Reiserucksack denn es ging am nächsten Morgen in die Stadt der Engel – Los Angeles!! Da ich leider noch nichts von meinem Auto gehört hatte konnte ich nicht bis nach Chicago fahren. Mit der Erlaubnis meiner Lehrerin, erledigte ich meine Hausaufgaben online und nahm gemeinsam mit meinen Freunden, die am gleichen Tag nach San Francisco verreisten, um 5.30 Uhr morgens den Bus und anschließend den Zug nach Chicago. Diesmal entschied ich mich für den richtige Flughafen. Kurz bevor sich unsere Wege am Gate trennten, dann die Schreckensnachricht am Telefon: Mein Auto muss in der Werkstatt bleiben – der Motor funktioniert nicht mehr. Die Kosten sind zu hoch, die Hoffnung Betsy wieder zum Laufen zu bringen, verloren. Ich brach dann peinlicherweise am Gate in Tränen aus und meine Freunde konnten mich mal wieder trösten. Ich versuchte den Gedanken beiseitezuschieben, und mich auf die kommenden schönen Tage zu freuen. Da mein Flieger erst am späten Abend ging, verbrachte ich die 10 Stunden mit Hausaufgaben und bereite eine Präsentation für den international Club vor. Dann hieß es: Hello Los Angeles!

In Los Angeles gelandet wollte ich erstmal einen Mietwagen buchen und nachdem dies ohne international drivers license am Flughafen nicht ohne weiteres möglich war, wurde mir ein weiterer Mietwagenverleih empfohlen. Mich holte also ein Fahrer ab und brachte mich zu einem abgelegenen Büro. Um mein mulmiges Gefühl zu besänftigen, schickte ich meinen Standort an meine Freunde. Als ich dann im Büro stand und mein Handy fast den Geist aufgab, schlug mir das Herz bis zum Hals. Hier würde mich halt wirklich keiner hören. Als ich dann noch den utopisch hohen Preis auf dem Papier sah wollte ich nur noch weg. Ich täuschte vor dem Büro ein Handy-Gespräch vor und buchte mit meinem letzten 1% Akku ein Uber, welches mich zu unserem Motel brachte.  Also doch keinen Mietwagen. Erschöpft, aber glücklich begrüßte ich die anderen PPPler*innen, die ich seit August in Washington D.C. nicht mehr gesehen hatte – und war noch dankbarer endlich da zu sein. An diesem Wochenende versuchte ich die anderen Probleme auszublenden und das Hier und Jetzt zu genießen.

Wir erkundigten die Stadt mit dem Uber, was überraschenderweise sehr gut funktionierte. Vom Walk of Fame, und Venice Beach bis zur Hop-on Hop-off Tour – wir versuchten so viel wie möglich zu sehen. Auch eine kurze Schwimmrunde am Venice Beach ließen wir uns nicht entgehen. Sooo kalt war es dann auch nicht. Die Abende schlenderten wir durch die Touristenviertel und kauften einige Souvenirs für zu Hause. Vor allem Beverly Hills, inklusive Weihnachtsdekoration, hat mir sehr gefallen. Leider hatten wir dort aufgrund des Busses nur einen sehr kurzen Aufenthalt. Ich werde aber definitiv wiederkommen. Das Hollywood Hills sign wollten wir uns für den letzten Tag aufheben. Auf dem hill angekommen merkten wir, dass wir anstatt vor dem sign bei dem Griffith observatory standen – das Sign in weiter Entfernung durch die Baumkronen zu erkennen. Erst enttäuscht, war der Ort im Nachhinein betrachtet wunderschön und wir genossen die Aussicht. Bevor es zurück zum Flughafen ging, machten wir dann noch einen Abstecher zum Malibu beach, wo uns ein wunderschöner Sonnenuntergang verabschiedete. Es waren unvergesslich schöne Tage mit den beiden und ich freue mich schon sehr, wenn ich, die beiden wiedersehe. Wir haben viel gelacht, was mir vor allem aufgrund der vorherigen Tage sehr guttat.

Zurück in Wisconsin blieb nicht viel Zeit zum Entspannen, denn am Donnerstag ging es auf zum nächsten Trip: Denver, Colorado! Nachdem ich Mittwoch schnell all meine Hausaufgaben einreichte, ging es am nächsten Morgen um 8 los zum Flughafen, wo erstmal wieder ein coffee herhalten musste. Warum ich nicht einfach mehr schlafe? Da weigere ich mich leider immer gegen. Zum Glück war es ein kleiner Flughafen und der Security Check war schnell erledigt.  Ich war sehr erschöpft und bereute es ein wenig, direkt nach Los Angeles die nächste Reise anzutreten. Da ich etwas Schlaf nachzuholen hatte, freute ich mich sehr, die Sitzreihe im Flieger nur für mich zu haben. Angekommen entschieden wir uns dazu einen Mietwagen zu buchen. Da ich die einzige mit Führerschein war, wurde ich zur Fahrerin für die nächsten Tage. Wir hatten aus Kostengründen 2 verschiedene Unterkünfte gebucht und merkten, dass diese 1 Stunde voneinander entfernt waren. 2 Stunden später fuhren wir mit einem kleinen Nissan vom Flughafen nach Denver, um endlich etwas essen zu gehen. Es gab mal wieder Rahmen, einfach zu gut. Danach fuhr ich die 3 anderen nach Hause. 1 Stunde später kamen auch ich und meine indonesische Freundin im AirBnB an und gingen direkt schlafen.

Am nächsten Morgen um 7 Uhr fuhren wir zu den anderen und holten uns Pizza-Frühstück bei 7/11, das ist ein bekannter Convenience Store, den es überall in den USA gibt. So lebt sich das low-Budget Reisen. Erster Stopp waren die Red Rocks, ein Park und Amphitheater. 2 Stunden fuhren wir dorthin, ich war wieder müde. Aber die Natur war beeindruckend. Wir wanderten zum Amphitheater. Die 18 Grad fühlten sich plötzlich wie 30 Grad an und mein Pulli wurde gegen ein T-Shirt ausgetauscht. Der 2. und letzte Stopp waren dann die Rocky Mountains, die wir nach weiteren 1,5 Stunden Fahrt erreichten. Als Fahrerin hatte ich leider oftmals das Gefühl, die Natur nicht wirklich genießen zu können. Mit dem Fokus auf die Straße gerichtet versuchte ich trotzdem immer mal wieder einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Wir machten halt an einigen Aussichtspunkten, die Sonne ging schon langsam unter. Am Abend ruhten wir uns im AirBnB aus und fuhren dann nochmal in die Stadt, um etwas zu essen. Mit allem, was ich bis jetzt hier in den USA gesehen habe, gefällt mir die Stadt Denver am wenigsten. Die Natur ist unbeschreiblich schön, aber die Innenstadt selbst ist geprägt von großer Obdachlosigkeit. Viele Zelte reihen sich an den Gehwegen aneinander, die man besser meidet. Und da, anders als in Los Angeles, auch nicht wirklich viel los ist auf den Straßen, fühlte ich mich nicht wirklich sicher. Ich bin da eh immer etwas vorsichtig, aber mit geballten Fäusten in der Jackentasche bin ich lange nicht mehr rumgelaufen. Ich war nur froh, dass wir auch eine männliche Person dabeihatten. Das ist heutzutage leider ja oftmals die einzige Möglichkeit zur Abschreckung. Hungrig nahmen wir in einem American Diner Platz. Typisch mit roten, runden Sitzecken. Wir bestellen uns Pancakes und Milkshakes und wären danach am liebsten noch auf dem Sitz eingeschlafen. Aber ich fuhr dann doch nochmal 1,5h zu beiden Unterkünften.

Am Samstag, und somit dem letzten Tag, überlegten wir unseren nächsten Stopp. Da wir die Entfernungen dann doch sehr unterschätzt hatten und ich keine 10 weitere Stunden Fahrt geschafft hätte, entschieden wir uns wieder für die Rocky Mountains. Das ist eine große Gebirgskette, sodass wir dieses Mal zum Estes Park fuhren. Nach einigen Aussichtspunkten teilte sich die Gruppe. Zu zweit brachten wir die anderen zu einem Wanderweg und holten sie dort 3 Stunden später wieder ab. Währenddessen fuhren wir in die nahegelegene Stadt, welche schon sehr weihnachtlich geschmückt war. Ich liebte es. Das war definitiv das Highlight der Reise. So sehr ich die Natur auch liebe, nach 2 Tagen hat es mir dann auch gereicht. Wir besuchten einen kleinen Weihnachtsmarkt, lauschten dem Gospelchor und teilten uns eine riesige Portion Eis. Die kleine Stadt sah wieder aus wie im Film. Kleine Läden mit Weihnachtsschmuck, Colorado-Merch und Dekoration luden zum Verweilen ein. Beim Colorado-Pullover und den Postkarten konnte ich nicht Nein sagen. Dann war es Zeit für den Rückweg. Wir aßen noch kurz zu Abend und fuhren zurück zur Unterkunft. Unser Flug ging um 6 Uhr in der Früh und ich versuchte noch etwas Schlaf zu bekommen. Es war eine turbulente Reise, mit zu wenig Schlaf. Ich möchte aber definitiv wieder kommen und die anderen Naturwunder entdecken. Hoffentlich mit einem oder einer 2. Fahrer*in.

Zurück im Dorm fand am Montag Friendsgiving statt. Wir organisierten den Abend als international student club. Die internationals brachten jeweils Speisen mit und wir aßen gemeinsam, spielten Gemeinschaftsspiele und hatten eine schöne Zeit. In den darauffolgenden Tagen musste ich einiges an Hausaufgaben nachholen, wobei meine Lehrer glücklicherweise sehr entspannt sind.

Am Dienstag versammelten ich mich mit einigen internationals in Downtown. Es fand eine große Lichter-Parade statt, die den Beginn der Weihnachtszeit einläutete. Es ist die größte Nacht-Parade im mittleren Westen, welche jährlich von rund 80.000 Menschen besucht wird. Dekorierte Fahrzeuge, Tiere, Tanzgruppen und Akrobaten mit bunten, weihnachtlichen Kostümen performten auf den Straßen.

Am Donnerstag stand dann einer der wichtigsten Feiertage in den USA an: Thanksgiving. Mein Traum war es immer, diesen Tag in einer amerikanischen Gastfamilie zu verbringen. Glücklicherweise wurden einige der internationals und ich von einem amerikanischen Mitstudenten eingeladen, den Nachmittag mit ihm und seiner Familie zu verbringen. Mit Blumen und Apfelkuchen fuhren wir zur Familie. Wir spielten einige Brettspiele und es gab Snacks für nebenbei. Gegen 17.30 Uhr wurde der Tisch mit einem großen Buffet gedeckt. Es gab typisch amerikanisch Süsskartoffelauflauf, Preiselbeeren, Kartoffelbrei und natürlich Truthahn. Mein vegetarisches Herz verließ mich kurz und ich probierte Truthahn. Ich wollte das typisch amerikanische Dinner miterleben. Und im Laufe des Abends gab es noch eine kleine Überasschung: Mein Onkel, der seit vielen Jahren hier in den USA lebt, hatte sich bei mir gemeldet und ein schönes Thanksgiving Fest gewünscht. Trotz dessen dass ich nie Kontakt zu ihm hatte, war es immer mein Wunsch, ihn hier irgendwann mal zu besuchen. Ich habe mich so sehr gefreut. Es war ein schöner Abend mit einem besonderen Abschluss.

Auch den nächsten Tag zelebrieren viele Amerikaner*innen als Feiertag: Black Friday. Ich arbeitete im Cookie-Store. Doch bevor ich dort ankam, stellte ich nachts um 1 Uhr fest, dass ich mich aus meinem eigenen Zimmer ausgesperrt hatte. Das passiert, vor allem in einem Einzelzimmer leider gar nicht so selten. Der Empfang hatte aufgrund Thanksgiving geschlossen und konnte somit nicht helfen. So verbrachte ich die Nacht auf dem Sofa und hatte das Glück, dass einer meiner Nachbarinnen meine Tür mit einer Karte aufbrechen konnte. Ich machte mich schnell fertig für die Arbeit und kam glücklicherweise noch pünktlich. Es hat mir so viel Freude bereitet und ich liebe es in der Gastronomie zu arbeiten, wenn viel los ist. Das erinnert mich immer an meine Arbeit in Deutschland. Dort habe ich nebenberuflich als Köchin und Servicekraft gearbeitet. Das Team war super, wir hatten alle gute Laune und unser Chef ließ uns während der Arbeitszeit in der Mall rumlaufen, um einige Deals zu ergattern. Ich kaufte allerdings nichts und war eher geschockt von der Menge an Menschen in den Läden. Die Mülleimer waren überfüllt mit Essen, die Warteschlangen zu Kasse und Umkleide ging bis vor die Geschäfte und der Parkplatz war ein einziger Stau, sodass ich mich freute am Ende meiner Schicht nur zum Bus laufen zu müssen. Ich habe leider noch immer kein Auto, was mich auch sehr stresst. Sobald ich Betsy verkauft bekommen habe, werde ich mal gucken, was meine Optionen sind.

Auch am nächsten Tag arbeite ich wieder im Cookie-Store und durfte das erste Mal eine große Cookie-Bestellung bearbeiten. Bisher hatte ich lediglich kleine Cookies dekoriert. Mein Job macht mir mittlerweile sehr Spaß. Wenn Kund*innen Bestellungen aufgeben, habe ich teilweise zwar immer noch Kommunikationsprobleme, aber das wird schon mit der Zeit. Da sind die Amerikaner*innen zum Glück sehr offen.

Das Semester neigt sich langsam dem Ende zu und nächste Woche bin ich schon 4 Monate in den USA. Ich weiß noch als wäre es gestern gewesen, als uns am Airport in Frankfurt gesagt wurde, dass dieses Jahr wie im Flug vergehen wird. Und ja das stimmt. In 8 Wochen ist hier schon Halbzeit und ich blicke mit gemischten Gefühlen auf diese Zeit. Einerseits habe ich noch über 7 Monate vor mir und das beruhigt mich irgendwie. Anderseits habe ich auch Angst. Dieses Auslandsjahr war und ist immer mein größter Traum gewesen, ich habe seit meinem 13. Lebensjahr daraufhin gefiebert. Aber was kommt danach? Was sind meine Ziele und Träume? Ich möchte nicht, dass dieser Traum endet. Natürlich freue ich mich irgendwann Familie und Freunde in Deutschland wiederzusehen, aber das hier werde ich so nie wieder haben. Bald muss ich mir auch Gedanken machen, wie es für mich beruflich weiter geht. Möchte ich studieren? Im Ausland? In Deutschland? Gehe ich zurück in einen Büro-Job? Immer mal wieder schweifen meine Gedanken zu diesem Thema und ich bekomme einen Kloß im Hals. Ich lass mir zwar noch etwas Zeit mit der Entscheidung, aber im Hinterkopf ist der Druck da. Der Druck wieder einen Plan zu haben, etwas auf das ich hinfiebere. Naja, das wird schon. Step by step 🙂

Bis zum nächsten Blog-Eintrag!

XOXO,

TJ