Herbst in Wisconsin


02.10.2023 – 15.10.2023

Die erste Oktoberwoche war geprägt von Freiwilligenarbeit, Uni, und wenig Schlaf. Nachdem ich Montag den ganzen Tag im Cookie-Laden gearbeitet habe und abends beim Sportkurs war, half ich am Dienstag beim Tag der offenen Tür als Volunteer mit. Meine Aufgabe war es, die Besucher am Eingang zu begrüßen und zu den jeweiligen Räumen, in denen sich die Studiengänge vorstellten, zu bringen. Gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass ich bis vor kurzem noch selbst verwirrt durch die Gänge gelaufen bin. Doch es war auch lustig, da ich mit den anderen Student*innen zusammenarbeiten konnte.

Am Abend setzte ich mich dann an meine Hausaufgaben für die nächsten 2 Tage. Den Workload hatte ich mal wieder überschätzt und so hieß es Nachtschicht für die Hausaufgaben. Ich musste diese Woche bereits Dienstag meine Projekte einreichen, da ich wenige Stunden später auf einen Ausflug fuhr. Die letzten Tage waren eine innere Challenge und ich fragte mich, mit wie wenig Schlaf der menschliche Körper eigentlich auskommen kann. Ich, die normalerweise sehr wenig Kaffein trinkt, verließ nun nur noch mit Kaffee oder Matcha das Haus.

Mittwochmorgen klingelte der Wecker um 7 Uhr in der Früh. Mit tiefen Augenringen packte ich meine Sachen und begab mich zum Schulbus, wo schon einige Student*innen warteten. Es stand ein 1-tägiges Leadership camp mit Übernachtung im Wald an. Wir erhielten alle ein Camp-Package mit einem Rucksack, einem Pullover und Bücher zum Thema Leadership. Während der Fahrt musste ich noch meine letzte Hausaufgabe beenden und war froh, als ich diese kurz vor dem Funkloch abschicken konnte. Als wir im Camp ankamen, bekamen wir unsere Zimmer zugeteilt. Wir bezogen noch schnell unsere Betten. Typisch amerikanisch waren Handtücher und Bettwäsche in unendlich vielen Plastikschichten eingewickelt. Danach ging es direkt zum Unterricht.

Rückblickend war es eher ein Motivations-Talk, wie wir selbstbewusster im Umgang mit uns selbst sind und unsere Meinung vertreten. Gruppenspiele sollten Teamgeist steigern, und zum Schluss war es unsere Aufgabe 10 Werte, die uns wichtig sind, auf unterschiedliche Zettel zu schreiben. Dann mussten wir nach und nach aussortieren, sodass am Ende die 3 wichtigsten übrigblieben. Nun tauschten wir unsere Zettel mit einem Partner. So sollen wir auch die Werte unseres Partners beschützen und sobald diese Person mal missverstanden wird, eingreifen. Ich finde den Gedanken sehr schön und es war ein gelungener Abschluss des Unterrichts. Den Abend konnten wir dann nach unseren eigenen Vorstellungen gestalten. Zunächst spielten wir eine Runde Kickball und dann ging es zum Abendessen. Auch in diesem Camp stand ein Klavier. Und so kam es, dass ich mich gemeinsam mit einer Freundin an das Klavier setzte und wir „River flows in you“ spielten. Es hat sehr Spaß gemacht und hat meine Sehnsucht nach meinem Klavier mal wieder verstärkt. Danach gab es Lagerfeuer, bei dem ich aber erst am späten Abend auftauchte. Vorher sprachen eine meiner indonesischen Freundinnen und ich stundenlang über Gott und die Welt. Ich liebe es so ungezwungen über alles reden zu können, was einem auf dem Herzen liegt. Das ist auch eine Sache, die ich sehr am Dormleben schätze. Oftmals sitzen wir stundenlang auf dem Sofa, im Treppenhaus oder im Auto und reden. Die Male, die ich hier während meiner Zeit einen Film geschaut habe, kann ich an einer Hand abzählen.

Am nächsten Tag ging es nach einer kurzen Nacht und vielen Gesprächen zurück zum Dorm. Am Nachmittag traf ich mich dann mit dem Executive Board vom international club zum Monats-Meeting. Wir planten die nächsten Monate und erstellten eine grobe Agenda, die wir im nächsten international Club meeting vorstellen wollten.

Am Wochenende arbeitete ich im Cookie-Laden und wir erhielten Besuch von indonesischen Student*innen aus Chicago, mit denen wir ein Kickball-Turnier veranstalten. Nun beim 2. Mal habe ich die Spielregeln dann auch mal verstanden. Es war einer der ersten kälteren Tage hier. Und nachdem wir die letzten Monate nur gutes Wetter hatten, war es ein komisches Gefühl, plötzlich mit Weste und Mütze vor die Tür zu gehen. Am Sonntag fand dann noch der Geburtstag einer Mitstudentin statt, den wir bei uns im Dorm feierten. Es waren ungefähr 15 Leute und wir steuerten alle etwas zum Buffett bei. Besonders die brasilianischen Süßspeisen haben es mir angetan. Unglaublich lecker! Doch war dieser Abend das erste Mal, dass ich mich nicht zu hundert Prozent wohl gefühlt habe. Es war eine große Gruppe, bei denen ich die Hälfte nicht wirklich kannte. Sowas macht mich immer etwas zurückhaltend, da ich einen kleineren Kreis dann doch etwas mehr bevorzuge – zumindest dann, wenn ich diese nicht kenne. Auch das ist eine Challenge!

In der nächsten Woche wurde bei uns im Dorm Craft & Art Painting angeboten, wo ich am Mittwoch nach meiner class, hinging. Eine Freundin und ich nutzten lustigerweise die gleiche Pinterest-Vorlage für unser Gemälde. Es war sehr entspannend und ich vergaß für einen Moment die Hausaufgaben, die noch auf mich warteten. Natürlich war es Webdesign. Seit dem Leadership Camp hing ich mit dem Stoff hinterher und schob dies bis zur letzten Sekunde auf. Nachdem ich mein Meisterwerk bestaunte, begab ich mich also an meine Hausaufgaben. Die deadline ist immer Mittwochsabends 23.59 Uhr. Tja, abgegeben habe ich um 4.30 Uhr morgens. Mir fielen die Augen fast zu als ich auf „Abgabe“ klickte, mit dem Wissen, dass das Projekt noch nicht mal zur Hälfte fertig war, geschweige denn pünktlich eingereicht wurde. Aber mein Gehirn wollte nicht mehr funktionieren. Meine Freundin, die mir bis dahin Gesellschaft geleistet hatte und ich, gingen dann endlich schlafen.

Nach meiner Webdesign class am Donnerstag versuchte ich noch einen Mittagsschlaf einzulegen. Danach bereitete ich mich auf den international club vor, dessen Leitung ich dieses Mal übernehmen sollte. Trotz wackeliger Beine und müden Augen setzte ich dann mein Pokerface auf und hielt noch eine Präsentation über Feiertage und Traditionen in Deutschland. Im Anschluss fuhr ich mit einigen internationals zum Coffee-shop. Es war eine sehr spontane Idee, aber ein sehr schöner Abend. Ich probierte zum ersten Mal einen Pumpkin-Spice Latte und war direkt hin und weg. Ein Glück ist dieser Trend nicht so groß in Deutschland verbreitet, sonst hätte mein Geldbeutel ganz schön zu leiden. Am Freitag hatte ich dann Frühschicht bei der Arbeit und mir wurde endlich das Dekorieren von Cookies gezeigt. Bis ich dies jedoch eigenständig für Bestellungen machen darf, vergeht wohl noch etwas Zeit. Am Nachmittag traf ich mich mit meinem Social Host zum Brezeln essen. Es gibt hier in der Nähe ein Lokal, welches scheinbar original deutsche Brezeln auf der Karte anbietet. Und ich muss sagen die waren wirklich sehr gut. So gut, dass wir mir noch eine zweite Brezel für den Heimweg bestellten. Zurück im Dorm wurde dann wieder bis um 2 Uhr nachts gequatscht.

4 Stunden später klingelte der Wecker. Eine weitere Freiwilligen-Aktion stand auf dem Plan. Gemeinsam mit vielen anderen internationals besuchte ich eine middle school in der Umgebung. Wir stellten unser Heimatland vor und hatten jeder jeweils einen Stand, den wir nach Belieben gestalten konnten. Ich backte morgens noch schnell Laugengebäck auf und auch eine Tüte Spekulatius wurde eingepackt. Es war ein gelungener Nachmittag. Die Besucherzahl hielt sich zwar aufgrund des Regens in Grenzen, aber so konnten wir unsere Stände gegenseitig besuchen sowie Snacks probieren und Landesspiele ausprobieren. Zurück im Dorm legte ich mich kurz hin und wachte ganze 6 Stunden später um 21 Uhr wieder auf – da hatte wohl jemand vergessen den Wecker zu stellen. Dann wurde nur noch kurz gegessen und dann wieder das Licht ausgemacht. Ich hatte wohl einiges an Schlaf nachzuholen.

Am Sonntag unternahmen die internationals und ich einen Ausflug. Das mein Auto 7 Sitze hat ist somit ideal gewesen. Wir besuchten zwei Pumpkin-Patches, wobei der erste eher enttäuschend war. Der zweite hatte zwar auch nicht viele Kürbisse, aber dafür Pferde und Esel! Wir erhielten kostenloses Popcorn und versuchten Fotos mit unseren neuen Freunden zu schießen. Aber irgendwie war ihnen das Futter doch wichtiger. Dann machten wir uns auf den Weg nach Burlington, ein Laden mit günstiger Kleidung und Hygiene Produkten (vergleichbar mit TKMaxx). Mit vollgepackten Tüten und 2 Stunden später fuhren wir wieder nach Hause.

Mit dieser Woche bin ich nun offiziell 2,5 Monate in den USA. Ich freu mich auf alles, was kommt – stay tuned!

XOXO

Thyra